Beim jüngsten Treffen der historisch interessierten Gemeindebürger konnte Bürgermeister Christian Hirtreiter im neuen Ratssaal des Rathauses die seit acht Jahren engagiert tätigen Gremiumsmitglieder begrüßen (23.3.22). Eingangs konnte sich Elisabeth Schuster vorstellen, die sich künftig neu in dem Gremium mitengagiert und insbesondere in der ehemaligen Gemeinde Paitzkofen ihr Hauptinteresse hat.
Überregionales Kleinod im Gäuboden
Die Fresken in der Paitzkofener Kirche sind besonders wertvoll und erfreuen sich überregionalen Interesses. Die Renovierung der Paizkofner Kirche St. Nikolaus ist abgeschlossen. Die Gemeinde Straßkirchen hatte hierfür eine erhebliche Förderung beigetragen, denn die Gäubodengemeinde besitzt mit dieser bis in die vorromanischen Zeit zurückreichenden Kirche ein überregionales Kleinod. Dr. Gerald Dobler hat hierzu eine aufschlussreiche wissenschaftliche Veröffentlichung verfasst. Dr. Gerald Dobler, Experte für gotische Wandmalereien, stellt im jüngsten Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung 122, erschienen bei der Attenkofer`schen Buch- und Kunstdruckerei, Straubing, 2021, seine Erkenntnisse vor. Willi Goetz hatte die Initialzündung für diese Forschungsarbeiten gegeben und engagiert sich seit vielen Jahren für die Erhaltung wichtiger Kunstdenkmäler in der Gemeinde. Die Wandmalereien in der Filialkirche Sankt Nikolaus in der ehemals selbständigen Gemeinde Paitzkofen, beinhalten Fresken aus der Zeit vor 1300, welche hoch qualitätsvoll nahezu gleichrangig mit den Malereien in der Dominikanerinnenklosterkirche Adlersberg bei Regensburg und der Malerei in der Regensburger Deutschordenskirche St. Ägidius (1290/1297) bewertet werden. Das kleine Gäubodenkirchlein, bislang fälschlich um 1450 datiert, besitzt umfangreiche Reste hochrangiger frühgotischer Wandmalereien und weitere bemerkenswerte Baudetails von der Romanik bis zur Spätgotik. Außer den bisher freigelegten direkt auf dem Wandputz befindlichen Bilderzyklen aus dem Zeitraum 1270 bis 1290 sind unter Tünchen und Überputzungen an den Wänden und im Chorraum weitere Malereien zu erwarten. Diese teilweise noch sehr gut erhaltenen frühgotischen Wandmalereien sind älter als alle bislang bekannten Straubinger Fresken. Dargestellt ist die Leidensgeschichte Jesu mit einem darunter liegenden Christus- und Apostelfries. Die Fresken befinden sich an der Nordwand des romanischen Langhauses. Die Wandmalereien in Fresco-Secco-Technik wurden erst 1958 entdeckt und sind dann restauriert worden. Der Passionszyklus beginnt bei der Szene Jesus im Garten Gethsemane und endet auf dem zweiten Fresco mit der Grablegung und der leiblichen Auferstehung Jesu. Ebenfalls dargestellt ist die Jungfrauenlegende des Kirchenpatrons Nikolaus.
Josef Bock übergab Teile seiner Sammlung für das Schulmuseum
Für den Ortsteil Schambach wurde berichtet, dass Josef Bock seit 15 Jahren die Häusergeschichte dokumentiert. Die Ortsgeschichte hängt immer auch mit der Entwicklung der Bebauung und der Veränderung der Gebäude und deren Erweiterung bzw. Erneuerung über die Generationen hinweg zusammen. Josef Bock hat die Siedlungsstrukturen und deren Veränderung fotografisch, aber auch in Berichten festgehalten. Wenn ein Haus abgebrochen wird bzw. ein neues Haus entsteht, so stellt dies einen Teil der Ortshistorie dar. Denn in den mittlerweile mit enormer Rasanz wachsenden Siedlungsgebieten, verliert sich leicht die traditionelle Struktur der landwirtschaftlich geprägten Gäubodendörfer. Josef Bock hat einen Teil seiner Lesefunde darunter Obsidian, Mineralien und Versteinerungen für das Straßkirchner Schulmuseum übergeben. Obsidian entsteht bei rascher Abkühlung von Lava und war für alle Kulturen von Interesse. Dadurch war der Obsidian schon seit Beginn der Steinzeit ein beliebter Rohstoff zum Fertigen von scharfkantigen Waffen und Werkzeugen. So konnte schon während der Steinzeit beispielsweise Fleisch durch die Schneidefunktion verarbeitet werden, auch wurde Obsidian als Tauschobjekt verwendet.
Straßkirchner Siedlungsgebiet war schon bei den Römern beliebt
Bürgermeister Hirtreiter erläuterte die über mehrere Jahre laufenden archäologischen Untersuchungen auf dem über zwei Hektar großen Feld in der Nähe zum Straßkirchner Schulgelände am Hiebweg. Über 1000 Befunde deuten auf eine starke Besiedlung in der Vorzeit hin. Nach den dortigen Funden sind die Ergebnisse daraufhin deutend, dass die Kultur bis zu 5.000 Jahre zurückgeht in die Zeit der Altheimer Kultur. Die Altheimer Gruppe (auch Altheimer Kultur) ist eine „Kulturerscheinung“ der späten Jungsteinzeit im vierten vorchristlichen Jahrtausend. Nach Wegzug der Siedler aus dieser Zeit deuten weitere Funde auf Besiedlung aus der Keltenzeit und im Weiteren auf die Römerzeit hin. Auch in römischer Zeit wurde der Bereich besiedelt und es sind zwei römische Brunnen nachweisbar, wobei bereits vor einigen Jahrzehnten bei Grabungen Reste eines römischen Kellers in einer benachbarten Fläche gefunden worden waren. Auch die seit 2020 laufenden Grabungen im neu entstehende Wohnbaugebiet „Wasserwerk, Bauabschnitt III“ lassen auf eine traditionell alte Siedlungsfläche Rückschlüsse ziehen. Hier wurden Reste eines befestigten Herrenhofes gefunden und es wird derzeit weiter intensiv gegraben.
Alleeartige Erscheinung vor 3 Generationen
Hans Edenhofer ist für die Ortsgeschichte in Straßkirchen stark aktiv und macht mit detailreicher fotografischer Dokumentation eine Tätigkeit beim Festhalten von Entwicklungen in den Siedlungsbereichen, die enorm wichtig ist. Denn schon nach wenigen Jahren wissen wenige, wie eine Straßenzug nach der Sanierung oder nach Neu- oder Umbauten ausgesehen hat. Hans Edenhofer stellte anhand einer Fotografie in der Nähe des Ortseingangs der heutigen Staatsstraße von Altenbuch her die Veränderungen vor (seltenes Foto aus den 1940er Jahren). Hier waren früher und auch entlang der heutigen Bundesstraße aus Richtung Plattling herkommende große Bäume, die anhand der alten Fotografie ein alleeartiges Erscheinungsbild nachweisen. Hans Edenhofer bekräftigte „ein geschichtsloser Ort ist gesichtslos“, daher sei die Pflege der Tradition und der Geschichte wichtig.
Straßkirchen hat ein überregional bedeutsames Schulmuseum
Willi Goetz wurde herzlich für sein heimatgeschichtliches Engagement gedankt. Von ihm gibt es zahlreiche historische Veröffentlichungen, vor allem zur Ortsgeschichte. Besonders hingewiesen wurde auf seine Verdienste um die bajuwarischen Ausgrabungen von 1988 bis 1993, bei denen nicht nur 402 Grabinventare geborgen wurden, sondern auch reiche Erkenntnisse über weitere geschichtliche Epochen Straßkirchens gewonnen werden konnten. Zur Restaurierung und wissenschaftlichen Bearbeitung der Funde hat Goetz inzwischen über 62.000 Euro an Spenden gesammelt. Die Präsentation der Funde im Gäubodenmuseum ist in einigen Jahren fest eingeplant, nachdem erst kürzlich die Straubinger Bajuwarenfunde neu ausgestellt wurden und die Straßkirchner Adelsgräber auch im „Haus der bayerischen Geschichte“ in Regensburg eine besondere Würdigung fanden. Ein weiterer Schwerpunkt seiner geschichtlichen Bemühungen ist das Straßkirchner Schulmusem, in dem er mit zahlreichen Projekten Kinder und Jugendliche für die Vergangenheit interessiert. 2020 wurde das Schulmuseum 25 Jahre alt und hätte im Mai 2020 in diesem Zusammenhang an die Gemeinde übereignet werden sollen. Dazu war ein geplantes großes Schulfest in der örtlichen Schule aufgrund Corona entfallen. Die Straßkirchner Mittelschule ist als eine von wenigen bayerischen Mittelschulen als Kulturschule ausgewählt worden und ist außer als erste Schule Niederbayerns auch „Kunst-Mittelschule“.
Ritterliches Alltagsleben in der Schambacher Burg
Goetz berichtete zu den Erkenntnissen aus dem jüngst rekonstruierten ritterlichen Alltagslebens aus dem Urbarbuch des Ritters Erhard Rainer zu Schambach (1376). Schambach ist ein wahrhaft bedeutendes Siedlungsgebiet in der Vorgeschichte und in der damaligen Schambacher Burg herrschte ein gehobener Lebensstil, führte Goetz aus. Schambach hat aufgrund seiner mittigen Lage im Gäuboden als Tor zu Böhmen und nahe der Donau gelegen schon seit Jahrtausenden eine bedeutsame Siedlungsgeschichte aufzuweisen. Besonders im Mittelalter hatte die Schambacher Ortschaft einige hervorgehobene reiche Familien beheimatet, begünstigt durch die Lage an Handelswegen und inmitten fruchtbarster Lößgebiete. Basierend auf den Erkenntnissen der Forschungsarbeiten der Historikerin Katja Putzer (2019), welche das im fürstlichen Thurn- und Taxisarchiv, Regensburg, vorhandene Buch, analysiert hatte, konnte Willi Goetz auch auf die kostbare Ausstattung des Ritters mit Büchern und Luxusartikeln, darunter auch ein Elfenbein-Schachspiel, hinweisen.