Die erste Nachricht über die Geschichte eines Dorfes gibt sein Name. Immer aber bleiben Rätsel, so auch für unser Dorf.
Ortsnamen haben sich weitgehend aus dem Personennamen des Sippenältesten entwickelt, wobei diesem die Endsilbe ,,-ing“ angehängt wurde. Beispiele im Bereich entlang des Ödbaches (Irlbach) sind Schneiding (Snuto), Taiding (Taito), Walting (Walto), Padering (Patharo). Zu einem kleinen Teil haben sich Ortsnamen dieser frühen Zeit auch aus Flurnamen, wie Irlbach, oder aus Geländeformen, wie Welchenberg entwickelt (Schmidt).
Was den Ortsnamen „Straßkirchen “ betrifft, so kann dieser keinesfalls so alt sein, wie der beim Sportplatz entdeckte Bajuwarenfriedhof mit seinen heidnischen Grabbeigaben. Er ist erst nach dem Bau einer Kirche entstanden. Durch die Errichtung eines auffälligen Kirchenbauwerkes an der wichtigen Völkerstraße ist für das, wohl bereits im sechsten Jahrhundert entstandene, Bajuwarendorf ein markantes und weithin sichtbares Wahrzeichen (Charakteristikum) entstanden, das mit „Straße -Kirche“ eine allmähliche Namenswandlung im Gefolge gehabt hat. Der frühere Ortsname bajuwarischen Ursprungs kam damit außer Gebrauch, wurde verdrängt und geriet schließlich in Vergessenheit.
Erste urkundliche Hinweise auf Straßkirchen verzeichnen wir im 12. Jahrhundert. Sie finden sich im Traditionsbuch des Klosters Prüfening, und sind, wie fast alle Klosterurkunden aus Bayern, in den MONUMENTA BOICA (MB) veröffentlicht.
Die Übersetzung aus den MONUMENTA BOICA, Band XIII, Nr. XXXVI, Seite 99, lautet: Pernhart von Lerchenfeld übergab dem Kloster St. Georg (Prüfening) zwei Güter (Höfe), eines in Piering, das andere in Tiefbrunn, nachdem er (vorher) aus dem Besitze der
gleichen Kirche (Kloster) zwei andere Güter zu Lehen erhalten hatte, das eine in Hau-
polding das andere in Kröhstorf.
Jenes in Piering übergab er jedoch über die Reliquien des hl. Georg (= Kloster Prüfening) gänzlich in das Untereigentum des Grafen Adalbert, des Klostervogtes (von Bogen), wie es rechtens war.
Zeugen dessen sind:
Perthold, des erwähnten Grafen Sohn,
Chadolt von Weinzier,
Weringant von Uuolnaha,
Suuiger von Bärndorf,
Gebeno von Regensburg, der Sohn des Uto,
Marcher, der Probst des Grafen,
Wernhart , der Sohn des Ezzo von Straßkirchen,
Eberhart, der Sohn des oben erwähnten Pernhart,
Arnolt von Pfelling.
Regensburg, im Jahre des Herrn 1140 nach der 3. Indikation (Berechnungsart der Jahre nach Christi Geburt), im Monat August. (Ratispone anno domini MCXL indictione III mense Augusto ).
Als siebenter von neun Zeugen ist in vorstehender Urkunde ein“ Wernhart von Straßkirchen“
genannt. Er war ein Sohn des Ezzo von Straßkirchen und saß zu jener Zeit als Dienstmann
(Ministeriale) der Grafen von Bogen in Straßkirchen. Dies ist die erste urkundliche Erwähnung des Dorfnamens „Straßkirchen“.
Die Forschungsarbeiten des Historikers Max Piendl über die Grafen von Bogen verzeichnen
weitere Namen und Jahreszahlen ab 1953 des Hist. Vereins, 5.21 und 68):
Wemhart filius Ezzonis de Strazchirchen im Jahre 1140 (wie oben), Waltherus de Strazchirchen im Jahre 1162,
Fridericus de Strazchirchen im Jahre ca. 1185,
Rudolf und Aribo de Strazchirchen in den Jahren 1184 und 1194,
Ulscalc de Strazchirchen im Jahre ca. 1200.
Die Bogener Ministerialen verschwinden nach 1200 auf einmal aus den Urkunden, scheinen also ausgestorben zu sein.1242 stirbt das Geschlecht der Grafen von Bogen ebenfalls aus.
Ihre Erben sind die Herzöge in Bayern. Durch diese Erbschaft sind die Herzöge auch in den Besitz von Höfen in Straßkirchen gekommen, denn erst nach dieser Zeit treten sie als Grundherren im Orte auf.
Der Platz des bajuwarischen Dorfes darf in unmittelbarer Umgebung des Hügels, auf dem die Pfarrkirche steht, vermutet werden. Leo Krinner kommt in seiner ortsgeschichtlichen
Forschungsarbeit zu dem Ergebnis, daß die Höfe um die Kirche, das sind die (alten) Hausnummern 24,28,29,30, 34,35,36, bereits um 1240 den ältesten Teil des Dorfes bildeten. Die Familie des Ministerialen hatte ihren Sitz vermutlich auf dem Hofe Hausnummer 24 (Kemmer, jetzt Kerl, Irlbacher Straße 5).Dieses Anwesen wird in alten Urkunden
als „der Herzoghof“, an anderer Stelle als „der Löwenhof“ bezeichnet.
Quellen:
MONUMENTA BOICA (PRIFLINGENSIA), Band 13, S. 98f. Dr. Max Piendl, München, „Die Grafen von Bogen“. Jb des HV 1953. Seiten 21 und 68. Leo Krinner, „Ortsgeschichtliche Forschungen 1925“.