Geschichte

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Geschichte der Gemeinde Strasskirchen

Die Nachbarschaft der Bauern im Dorf in ihrem ursprünglichen, heute vergessenen Sinn als kommunale Organisation hat Dr. Kramer in mühseliger Auswertung jahrhundertealter Akten als die rechtstragende Gemeinschaft der Bauern im Dorf neu entdeckt.

Das richtige Verständnis der alten Dorfgemeinde, wie sie früher einmal jahrhundertelang bestanden hat, wird damit möglich.
Eine „Nachbarschaft“ stellt die Urform für eine Dorfschaft (Gemeinde) dar. Die „Nachbarn“, das sind alle selbständigen Bauern, umfassen den Personenkreis, aus dem alle Jahre die zur Erledigung von Gemeinschaftsangelegenheiten notwendigen Männer, das sind Richter, Dorfmeister oder Bauernmeister (Dorfvorsteher) und die Vierer, Fünfer, Sechser usw. (Ratsmitglieder) je nach Größe des Dorfes berufen wurden. Sie vollzogen die bestehenden Gesetze, übten Dorfrechte aus und trugen besondere Verantwortung bei Feindeinfall und Katastrophen. Im Rhythmus alljährlich wiederkehrender Ereignisse hielten sie Gerichtssitzungen und Gemeindeversammlungen für die Dorfschaft ab, ordneten Flurumgänge an, und versteigerten Gemeindeland an die Meistbietenden. Nachbarschaftshilfe bei Feuer oder Hochwasser, bei volkswirtschaftlichen Schwiergkeiten des einzelnen, wie sie die Volkskunde auch heute noch im Dorfe beobachten kann, deuten das persönliche Verhältnis zwischen den Dorfnachbarn von einst an, da überlieferte Sitte Zeugnis vergangenen Lebens ablegt. Altbayern galt nach Dr. Kramer als ausgesprochenes „Nachbarschaftsland“ und hatte auf der Basis der Nachbarschaft auch Verbindungen über die Landesgrenzen hinweg mit anderen Ländern und Volkschaften.
Das Wort „Gmain“ oder „Gemain“ ist nicht die einzige altherkömmliche Bezeichnung für die bayerische Dorfgemeinde. Es finden sich auch Ausdrücke wie „eine ganze Dorffschaft“, eine „Bauernschaft“ oder „gemeine Nachbarschaft“ (Zimmermann, Seite 44). Als spätere Frühform der Gemeinde führte Herzog Ludwig der Reiche von Bayern-Landshut 1464 die Haupt- und Obmannschaften ein, um das flache Land zum Zwecke des militärischen Aufgebots und der Steuererhebung, aber auch als Leistung für die Einstellung von öffentlichen Arbeiten (Scharwerk) gleichmäßig in kleinste Bezirke einzuteilen. Beim Gericht Natternberg hat sich eine Einteilung aus dem Jahre 1464 erhalten, die zwölf Hauptmannschaften ausweist. Ursprünglich waren nur alte Ministerialensitze, darunter auch Straßkirchen, zu Obmannschaften bestimmt, während später fast jedes Dorf, das einigermaßen über die entsprechende Einwohnerzahl verfügte, zur Obmannschaft erhoben wurde. Dabei spielte sicher auch die gegebene Entfernung der einzelnen Dörfer zueinander eine Rolle. Zur Hauptmannschaft, später Obmannschaft, von Straßkirchen gehörten bei ihrer Gründung die Orte Haberkofen, Putzenhofen, Makofen und Gänsdorf. Viele Umstellungen und Neugliederungen sind in der Folgezeit zu verzeichnen. 1599 gehörten zur Hauptmannschaft Straßkirchen die Orte Straßkirchen, Häberskhofen, Ödthof, Niderastn, Niederharthausen, Purckhstal und Lindhof (Freundorfer, Seite 134, 200).

Das Beisammenwohnen mit Haus und Hof, mit Grund und Boden in einer Ortschaft bedingte ein enges Gemeinschaftsleben. Diese Lebenseinheit der einzelnen Bauernanwesen war umso geschlossener, je mehr gemeinsame Interessen und Berührungspunkte es unter ihnen gab. Neben dem Flurzwang im Zeitalter der Dreifelderwirtschaft und des Weidewesens war es vor allem das Vorhandensein kleinerer oder größerer Nutzungsrechte am Gemeindevermögen. Unter dem Begriff der „Gemainsgerechtigkeiten“ waren die Rechte an Wald und Wies und Waid, Holzschlag, Weg-, Steg- und Fahrtrechten und -pflichten, die Benützung des Gemeindebrunnens und vieles mehr zusammengefaßt. Die Ausübung dieser Rechte war genauen Regeln unterworfen und für jeden Bauern gesondert festgesetzt. Ihre innere Ordnung durch eine mäßige Strafgewalt zu sichern, war die Gemeinde befugt. Im übrigen stand der Gemain bei vermeintlichen Verletzungen ihrer Rechte, Ordnung und Gewohnheiten, das Mittel der Anzeige beim Hofmarks- oder Landgericht und damit die staatliche Zwangsgewalt zur Verfügung (Zimmermann Seite 59f). Die Abhaltung mehr oder weniger förmlicher Gemeindeversammlungen, auch kurz „die Gmain“ genannt, ist in zahlreichen Quellen überliefert. Schon vor Erlaß der Landes-und Polizeiordnung 1616 sind solche Zusammenkünfte belegt. Sie sind vermutlich aus dem Landrechtsbuch Kaiser Ludwig des Bayern von 1346 erwachsen. Wesentlich für die Folgezeit ist, daß die oben genannte Verordnung von 1616, die aus wilder Wurzel wuchernden eigenmächtigen örtlichen Zusammenkünfte und Zusammenläufe der Bauern nunmehr in geregelte Form gebracht, also keineswegs grundsätzlich verboten hat. Die Vierer oder Obleut traten dabei als Versammlungsleiter auf (Zimmermann Seite 66). Über die Tätigkeit und Zuständigkeit der Dorfvierer, Obmänner und Hauptleute liegen ebenfalls Nachrichten vor. Jeder von ihnen habe allen vorangegangenen „Conträcten“ (Vertragsabschlüssen) beizuwohnen, den „Peenfall aufzusetzen“ (polizeiliche Strafbestimmungen zu erlassen bzw. konkrete Fälle zu bestrafen), die Parteien vor Gericht zu „erfordern “ , die Verbecher zu arretieren und zu “ befenckhnussen “ (gefangen zu halten), in Summa alles dasjenige zu vollziehen, “ was ihnen von der Obrigkeit anbevolchen worden“ (Zimmermann, S. 71 ).

Die Gemeinde als politische Körperschaft entstand erst in jüngerer Zeit. Den ersten Ansatz hierzu brachte das Gemeindeedikt vom 24. September 1808. Die Einrichtung dieser neuen Gemeindeform war von großen Schwierigkeiten begleitet, da es in zahlreichen Fällen zu Überschneidungen von Gerichtsbefugnissen und administrativen Zuständigkeiten kam, wenn bestimmt wurde, daß die zu bildenden neuen Gemeinden mit den Steuerdistrikten übereinstimmen sollten. Auf Grund der gemachten Erfahrungen kam es am 17. Mai 1818 zu einem geänderten Gemeindebildungsedikt, welches auch die Befugnis für die Gemeindeangehörigen enthielt, ihre Vertretungsorgane durch Wahl selbst zu bestimmen. Die Einsetzung der Dorfvorsteher und des Gemeindeausschusses gehörte damit der Vergangenheit an. Die politische Gemeinde war geboren.

Die alte Dorfschaft hatte ihren Dorf- oder Bauernmeister, und in deren Nachfolge den Obmann und Hauptmann. Später kam dem ersten Mann im Dorfe die Bezeichnung
„Gemeindevorsteher“ zu, die sich am 1. Januar 1870 wiederum wandelte und nun „Bürgermeister“ lautet. Im Archivmaterial der Gemeinde können ab 1838 die Gemeindevorsteher und Bürgermeister namentlich festgestellt werden.

Eine wichtige Neuerung brachte die Regelung des Personenstandswesens auf staatlicher Ebene ab 1. Januar 1876. Es mußten alle Personenstandsmitteilungen wie Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle der Gemeinde angezeigt werden. Der Begriff „Standesamt“ datiert aus diese Zeit. Der erste Bürgermeister ist in der Regel kraft Gesetzes auch Standesbeamter seiner Gemeinde. Vor 1876 wurden Personenstandsveränderungen nur bei den kirchlichen Stellen (Pfarrämtern) beurkundet.
Mit Zustimmung der Regierung von Niederbayern in Landshut hat die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns mit Schreiben vom 9. Juni 1976 der Gemeinde Straßkirchen die Führung eines eigenen Gemeindewappens genehmigt. Den Entwurf hierzu fertigte der Heraldiker Max Reinhart aus Passau. Das neue Wappen entspricht zwar nicht ganz den Vorstellungen des Gemeinderates, weil die Hinzunahme des weißblauen Rautenwappens erwünscht gewesen wäre. Dieser Vorschlag fand jedoch höheren Orts keine Billigung. Das Wappen ist wie folgt beschrieben:
„In Rot ein silberner Schrägbalken, überdeckt von einer silbernen Kirche mit Spitzturm“. Der bereits gebräuchlichen Gemeindefarben weiß und rot wurde damit Rechnung getragen. Der Wappeninhalt ist wie folgt begründet: „Bei Straßkirchen handelt es sich um einen alten Straßenort an der Fernhandelsstraße entlang der Donau. Um diese besondere Lage des Ortes und gleichzeitig auch den Gemeindenamen darzustellen, wurde als Symbol für das Ortsnamensbestimmungswort „Straß“ der silberne Schrägbalken gewählt. Das Kirchengebäude symbolisiert das Grundwort des Namens „kirchen „.
Zugleich mit der Wappenverleihung sollte die Gemeinde Straßkirchen zum Markt erhoben werden. Die Bayerische Staatsregierung lehnte einen entsprechenden Antrag jedoch mit der Begründung ab, „daß die Stadt- und Markterhebungen im letzten Jahrzehnt einen zu großen Umfang angenommen hätten, so daß von ungesunden Auswüchsen gesprochen werden müsse. Die Flut solcher Anträge sei daher einzudämmen und auf ein normales Maß zurückzuführen“. Der Antrag Straßkirchen verfiel der Ablehnung.